Frauen 1: Verstärkung von «oben» und von «unten» 

Rahel Moser und Anike Richter sind beide neu im 3.-Liga-Team der FCW-Frauen. Ihre fussballerische Herkunft könnte unterschiedlicher kaum sein: Die eine war Profi beim FCZ, die andere kommt von den eigenen Juniorinnen.

Ein Jahrzehnt Altersdifferenz – das ist im Aktivfussball ein halbes Leben. Bei den Frauen des FC Wiedikon haben Rahel Moser, bald 27, und die zehn Jahre jüngere Anike Richter auf die neue Saison hin zusammengefunden: Beide sind neu im Kader des 1. Teams.

Ihrem jeweiligen Alter entsprechend, kommen die beiden aus entgegengesetzten Richtungen. Während Flügelspielerin Rahel die Erfahrung aus dem Profiumfeld des FC Zürich und vom Nationalliga-B-Verein FC Oerlikon/Polizei mitbringt, hat Anike eben erst bei den Aktiven Fuss gefasst: Sie ist die erste Spielerin aus dem eigenen Nachwuchs, die ins «Eins» aufgestiegen ist.

Wie sind ihre ersten Erfahrungen im neuen Umfeld? Wie sehen sie ihre Rollen im Team? Wie können die beiden voneinander profitieren? Ein Parallelgespräch.

Rahel Moser – die Erfahrene

Rahel, Du bist aus dem Profiumfeld des FCZ via Oerlikon neu zum FC Wiedikon gekommen. Wie hat sich das ergeben?

Durch eine Freundin, Meli Tobler, die beim FCW spielt. Sie hat mitbekommen, dass ich nicht mehr Oerlikon bin und hat gefragt, ob ich nicht mal bei ihnen reinschauen möchte. Eigentlich wollte ich ja aufhören mit dem Fussball, aber dann hat es mir so gefallen, dass ich mir gesagt habe: Hier kann es doch noch ein bisschen weitergehen (lacht).

Wie sind deine Eindrücke nach den ersten Wochen?

Ich bin super aufgenommen worden. Es ist ein sehr cooles Team mit einem guten Zusammenhalt. Auch sportlich haben wir ein gutes Niveau, finde ich. Die Trainings machen mir Spass, ich kann viele Inputs mitnehmen. Das ganze Konstrukt funktioniert mega gut.

Welche Hoffnungen und Erwartungen hast du für die neue Saison? Für dich? Fürs Team?

Für mich persönlich, dass ich Freude am Fussball habe. Ich möchte dem Team helfen und einfach eine coole Zeit haben zusammen mit den anderen Spielerinnen. Und fürs Team ganz einfach: Spiele gewinnen, uns stetig verbessern…

…und dann aufsteigen in die 2. Liga.

Da richte ich mich. Wenn das Team gerne aufsteigen möchte, versuche ich zu helfen. Wenn es am Schluss zum Aufstieg reicht: noch so gerne!

Du hast gesagt, dass du eigentlich aufhören wolltest. Hast du die Freude am Fussball zwischendurch verloren?

Beim FCZ, generell im Spitzenfussball, geht es halt sehr viel um Leistung, Leistung, Leistung. Nebenbei habe ich Medizin studiert, da muss man auf viel verzichten. Es blieb kaum mehr Zeit für Soziales und Ferien. Irgendwann ging die Freude am Fussball in dem Sinn schon etwas verloren, dass ich nur noch die Leistung sah – und nicht mehr das Spiel an sich.

Wie siehst du – mit deinem Hintergrund aus dem Profibereich – deine Rolle beim FC Wiedikon?

Ich schlüpfe in die Rolle, die dem Team am meisten bringt. Sicher bringe ich Erfahrungen mit, die andere nicht haben – ich teile sie gerne mit allen, die das möchten.

Du kommt von «oben» und triffst hier auf Anike, die von den Juniorinnen aufgestiegen ist. Was kann Anike von dir lernen?

Wenn man als junge Spielerin hochkommt, ist man oft nervös. Es braucht seine Zeit, um eine gewisse Abgeklärtheit zu bekommen. Da kann ich Anike sicher Tipps geben, wenn sie das will. Vor allem möchte ich ihr im Spiel vorzeigen, wie man in bestimmten Situationen die Ruhe behält. Man lernt ja auch viel, indem man anderen abschaut: Was können die anderen, das man selber noch nicht so gut kann? Wie machen sie das, wie verhalten sie sich?

Gibt es umgekehrt etwas, das du von Anike abschauen kannst?

Ich glaube, man kann von jeder Person etwas lernen, ob charakterlich oder fussballerisch. Die Jüngeren haben oft dieses Unbeschwerte, diese pure Freude am Spiel – sie denken nicht zu viel nach, sondern machen einfach mal. Das würde uns Älteren manchmal auch guttun.

Anike Richter – die Unbeschwerte

Anike, du bist als erste eigene Juniorin ins 1. Team der FCW-Frauen gekommen. Wie ist erste Zeit verlaufen?

Das Team hat mich super aufgenommen. Ich konnte auch davor schon, noch als Juniorin, ein paarmal bei ihnen mittrainieren und mich angewöhnen. Es macht Spass, und ich lerne eigentlich in jedem Training etwas Neues. 

Was sind die grössten Unterschiede zwischen dem Juniorinnen- und dem Frauenfussball?

Die Trainings sind intensiver, die Spiele viel schneller als bei den Juniorinnen. Man merkt, dass die ganze Spieldynamik anders ist. Es funktioniert vieles auch besser auf dem Platz, vor allem das Aufbauspiel ist geordneter. Für mich der Unterschied nochmals grösser, weil ich jetzt auf anderen Positionen spiele.

Wo spielst du?

Auf der Seite, als Flügel oder Aussenverteidigerin. Früher habe ich in der Innenverteidigung gespielt, das ist ein relativ grosser Wechsel. Aber es ist gut, das ebenfalls kennenzulernen. 

Was sind die grössten Defizite, die du noch aufholen musst?

Fast alles (lacht). Tempomässig, auch punkto Taktik und Technik. Vor allem aber die Ausdauer: Früher konnte ich immer 90 Minuten durchspielen, jetzt schaffe ich gerade einmal 45, und das ist dann auch schon ziemlich hart. 

Welche Hoffnungen und Erwartungen hast du für die neue Saison? Für dich? Fürs Team?

Für mich selber geht es erst einmal darum, bei all den Dingen, die ich noch nicht so gut drauf habe, Fortschritte zu machen. Und dass ich besser lerne, im Team zusammenzuspielen. Es gibt hier eine ganz andere Art des Zusammenspiels, als ich es im Nachwuchs erlebt habe. Das muss man erst einmal kennenlernen. Die Erwartung ans Team ist einfach, dass wir es gemeinsam gut machen in dieser Saison.

Aufstieg?

Weshalb auch nicht? Das ist schon unser Ziel, und ich bin da voll dabei.

Wie siehst du – als Jüngste – deine Rolle im Team?

Ich bin eine Mitspielerin, so wie die anderen auch. Aber ich nehme im Teamgefüge vermutlich schon eine etwas eigene Rolle ein – weil ich neu bin und jünger als alle anderen. In meinem alten Team war das anders, dort habe ich etwas mehr Raum eingenommen. Aber es passt voll so, wie es ist.

Du kommt von «unten» und triffst hier auf Rahel, die eine Karriere im Spitzenfussball gemacht hat. Was denkst du: Wie kannst du von ihr undihrer Erfahrung am meisten profitieren?

Am meisten profitiere ich direkt auf dem Spielfeld, wenn wir miteinander auf einer Seite spielen. Sie gibt mir konkrete Tipps, was ich besser machen könnte. Ich schätze das sehr, denn so lerne ich am meisten. Es wäre schon super, wenn ich auf dem Spielfeld mal so eine Ruhe haben könnte, wie Rahel sie hat.

Interviews: Dani Benz